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Biografie und Lebenslauf von Lise Meitner

Steckbrief & Allgemeine Informationen

Lise Meitner Name: Lise Meitner
Geburt: 7. November 1878 in Wien
Tod: 27. Oktober 1968 in Cambridge
Erreichtes Lebensalter: 89 Jahre
Eltern: Philipp Meitner, Hedwig Meitner-Skovran
Nationalität: Österreich
Ausbildung: Universität Wien
Beruf: Physikerin
Fachbereich: Kernphysik
Bekanntestes Werk: ?
Familie: Lise Meitner blieb zeitlebens ehelos
Auszeichnungen: Enrico-Fermi-Preis, Max-Planck-Medaille
Einflüsse: Otto Hahn, Max Planck

Lise Meitner gilt als eine der ersten Frauen im deutschsprachigen Raum, die sich in der männerdominierten akademischen Welt erfolgreich durchsetzen konnte. Auch wenn sie oft lediglich als Assistentin großer Atomphysiker genannt wird, war Lise Meitner eine bedeutende Wissenschaftlerin, ohne deren Mitwirken Otto Hahn möglicherweise nie die Kernspaltung entdeckt und dafür den Nobelpreis erhalten hätte.

Kurzbiografie:

Kindheit und Ausbildung:
Lise Meitner wurde am 7. November 1878 als drittes Kind eines Rechtsanwalts im 2. Wiener Gemeindebezirk Leopoldstadt geboren. Ihr Vater, ein jüdischer Rechtsanwalt war in seiner eigenen Kanzlei in der ehemaligen Kaiser-Joseph-Straße tätig, wo die Familie nach der Geburt Lise Meitners auch einige Zeit wohnte. Trotz der jüdischen Abstammung erhielten die Kinder eine protestantische Erziehung. Lise Meitner ließ sich im Jahr 1908 taufen und wurde dadurch Mitglied der evangelischen Kirche.
In der Zeit der Kindheit Lise Meitners war es für Mädchen unüblich, eine weiterführende Schulausbildung zu absolvieren, weshalb auch sie nicht auf ein Gymnasium zugelassen wurde. Das Mädchen zeigte sich in hauswirtschaftlichen Fächern äußerst uninteressiert und sprach wiederholt den Wunsch aus, eine höhere Schule besuchen zu wollen. Eine akademische Ausbildung stand jedoch in jenen Jahren nicht zur Debatte. Lise Meitner schloss daher auf Anraten ihrer aufgeschlossenen und intellektuell geprägten Eltern eine Ausbildung an der Bürgerschule ab, die sie dazu qualifizierte, als Französischlehrerin tätig zu werden. Dennoch hatte sie bereits im Alter von dreizehn Jahren den Wunsch entwickelt, die Matura zu bestehen, um später ein Hochschulstudium absolvieren zu können. Daher eignete sie sich im Selbststudium während ihrer Jahre an der Bürgerschule ein umfangreiches Allgemeinwissen an. Erst im Jahr 1897 wurden die österreichischen Bildungsgesetze geändert und Frauen an der Universität zugelassen. Die Eltern erlaubten daraufhin Lise Meitners älterer Schwester, die Matura zu machen. Im Jahr 1899 beschlossen die Eltern, auch Lise Meitner Privatunterricht zu finanzieren, der sie auf die Externistenmatura vorbereiten sollte. Bereits in dieser Zeit interessierte sich die junge Frau besonders für Physik und Mathematik. Ihre Leidenschaft für diese Fächer wurde durch den abwechslungsreichen Unterricht des jungen Physikers Arthur Szarvassy, der ihr Privatlehrer wurde, zusätzlich geweckt. Am Ende des Sommersemesters 1901 legte sie am Wiener Akademischen Gymnasium ihre Matura ab und nahm daraufhin im Herbst desselben Jahres das Studium der Mathematik, Physik und Philosophie an der Universität Wien auf. Sie promovierte mit einer Dissertation mit dem Titel "Wärmeleitung im inhomogenen Körper" am selben Tag wie Selma Freud im Jahr 1906 bei Franz Seraphin Exner. Damit wurde Lise Meitner gemeinsam mit Selma Freud nach Olga Steindler die zweite weibliche Absolventin der Fakultät für Physik in Wien.

Akademische Karriere und wissenschaftliche Errungenschaften:
Nach dem Abschluss ihres Studiums war Lise Meitner zwei Jahre lang in unbezahlter Position am II. Physikalischen Institut tätig und veröffentlichte erste wissenschaftliche Arbeiten. Da sie keine Aussicht auf eine fixe Anstellung in Wien hatte und eine Beziehung zerbracht, beschloss sie, für ein Jahr nach Berlin zu gehen. Dort suchte sie bei Max Planck um die Erlaubnis an, seine Vorlesungen besuchen zu können. Dieser lehnte ihren Wunsch zunächst ab, da er ihre beruflichen Ambitionen als Frau nicht unterstützen wollte, willigte jedoch schließlich ein. Als Frau war Lise Meitner in Berlin mit verschiedenen Problemen konfrontiert, da sie auf ausdrücklichen Wunsch des Institutsleiters Emil Fischer in den Räumlichkeiten nicht anwesend sein durfte und einen separaten Eingang benutzen musste. Daher gestaltete sich die Zusammenarbeit mit Otto Hahn, den sie in Berlin kennengelernt hatte, zu Beginn kompliziert. Der gleichaltrige Otto Hahn hatte sich bereits auf das Gebiet der Radioaktivität spezialisiert und erkämpfte für Lise Meitner die Erlaubnis, in den Räumlichkeiten des Instituts gemeinsam mit ihm zu forschen. Im Jahr 1912 erhielt sie schließlich nach Jahren unbezahlter wissenschaftlicher Arbeit eine Anstellung als Assistentin von Max Planck und wurde damit zur ersten weiblichen Universitätsassistentin Preußens. Nach Ausbruch des Ersten Weltkrieges entschloss sie sich dazu, zwei Jahre lang als Röntgenologin im Feldlazarett zu arbeiten.

Das Jahr 1917 brachte nach ihrer Rückkehr von der Front eine entscheidende Wende in ihrer Karriere. Sie wurde zur Professorin ernannt und gleichzeitig zur Leiterin der radiophysikalischen Abteilung des Kaiser-Wilhelm-Instituts. Diese Position ermöglichte ihr, unabhängig von ihrem Kollegen Otto Hahn ihre eigenen wissenschaftlichen Forschungen aufzunehmen. Fünf Jahre später habilitierte sie mit der Arbeit "Über die Entstehung der Beta-Strahl-Spektren radioaktiver Substanzen" und übernahm daraufhin an der Berliner Universität einen Lehrstuhl für Physik. Bis 1938 blieb sie in Berlin und veröffentlichte weit über hundert wissenschaftliche Arbeiten, einen Großteil davon in Zusammenarbeit mit Otto Hahn, mit dem sie das Element Protactinium entdeckte und bedeutende Untersuchungen über Alpha-, Beta- und Gammastrahlen durchführte. Schon im Jahr 1933 war ihr als Jüdin von den Nazis ihr Professorentitel zunächst entzogen worden, da sie jedoch Österreicherin war, konnte sie noch weitere fünf Jahre als Ausländerin am Institut arbeiten. Nach ihrer Erklärung zur "Reichdeutschen" im Jahr 1938 wurde sie von ihrem Kollegen Kurt Heß, der Mitglied der NSDAP war, angezeigt, was zu ihrem endgültigen Arbeitsverbot führte. Mit der Hilfe von Otto Hahn und anderen Kollegen konnte sie im Juli 1938 zunächst nach Holland fliehen und gelangte wenig später nach Stockholm. Dort wurde ihr von Manne Siegmann eine Anstellung am Nobel-Institut angeboten. Da ihr dort jedoch keine geeigneten Messgeräte zur Verfügung gestellt werden konnten, musste Lise Meitner ihre Arbeit an der Radioaktivität aufgeben. Im Jahr 1939 gelang es ihr jedoch noch in Zusammenarbeit mit ihrem Neffen Otto Robert Frisch, die Kernspaltung erstmals theoretisch zu erklären. Für die gemeinsamen Forschungen mit Otto Hahn, die zur Entdeckung der Kernspaltung führten, wurde jedoch nur Otto Hahn im Jahr 1944 mit dem Nobelpreis für Chemie ausgezeichnet. Diese Entscheidung führte in den Jahren danach immer wieder zu Auseinandersetzungen in der Fachwelt, die Lise Meitner jedoch ablehnte. Während des Zweiten Weltkriegs blieb sie in Stockholm und weigerte sich wiederholt, an US-amerikanischen Forschungen über die Atombombe teilzunehmen. Dennoch wurde die überzeugte Pazifistin nach Hiroshima und Nagasaki von den US-amerikanischen Journalisten als die "Mutter der Atombombe" gefeiert.
In den späten Vierzigerjahren wurde Lise Meitner die Leiterin für Kernphysik an der Königlich Technischen Hochschule in Stockholm. Zahlreiche Gastprofessuren führten sie zudem immer wieder in die Vereinigten Staaten. Bevor sie im Jahr 1960 emeritierte und nach Cambridge zu ihrem Bruder und Neffen übersiedelte, erhielt sie zahlreiche Auszeichnungen, darunter das Bundesverdienstkreuz und den Otto-Hahn-Preis. Sie verstarb am 27. Oktober 1968 in Cambridge im Alter von 89 Jahren.

Privates:
Nach einem abgelehnten Heiratsantrag im Jahr 1915 unterhielt Lise Meitner einige Zeit lang eine Beziehung zu einem österreichischen Leutnant, die jedoch zerbrach und ihre Übersiedelung nach Berlin zur Folge hatte. Sie blieb unverheiratet und achtete stets darauf, so wenig wie möglich aus ihrem Privatleben bekannt zu geben. Sie soll ein ausgeprägtes Interesse an Musik und Theater gehabt und ihre Freizeit gerne in der unberührten Natur verbracht haben.

Als unfreiwillige "Mutter der Atombombe" setzte sich Lise Meitner immer für den friedlichen Einsatz der Kernspaltung ein. Im Gegensatz zu ihrem Neffen Otto Robert Frisch weigerte sie sich wiederholt, nach Los Alamos zu gehen, um dort am Bau einer der verheerendsten Massenvernichtungswaffen der Geschichte mitzuwirken. Erst im Jahr 1997 wurde ihr mit der Benennung des Elements Meitnerium eine späte, aber wohlverdiente Ehre zuteil.

Lebenslauf:

1878: Lise Meitner wird am 7. November 1878 in Wien geboren.
1899: Privatunterricht beim Physiker Arthur Szarvassy.
1901: Matura am akademischen Gymnasium Wien.
1901 - 1906: Studium der Mathematik, Physik und Philosophie an der Universität Wien.
1906: Promotion zum Thema "Wärmeleitung im inhomogenen Körper".
1907 - 1914: Unentgeltliche Arbeit im chemischen Institut in Berlin.
1907: Meitner lernt Otto Hahn in Berlin kennen.
1912 - 1915: Assistentin bei Max Planck.
1914 - 1916: Arbeit als Röntgenologin.
1917: Hahn und Meitner entdecken das chemische Element Protactinium.
1922: Habilitation zum Thema "Über die Entstehung der Beta-Strahl-Spektren radioaktiver Substanzen".
1933: Infolge der Machtübernahme der Nationalsozialisten verliert Meitner ihre Lehrbefugnis.
1938: Über die Niederlande und Dänemark gelingt die Flucht nach Stockholm.
ab 1947: Leiterin des Physikalischen Insituts an der Königlich Technischen Hochschule in Stockholm.
1949: Verleihung der Max-Planck-Medaille.
1960: Übersiedlung nach Cambridge.
1968: Lise Meitner stirbt am 27. Oktober 1968 in Cambridge.

Empfehlenswerte Literatur zu Lise Meitner: